Wie gestalten blinde Menschen und Menschen mit Sehbeeinträchtigung ihre Mobilität und wie erleben sie Kunst? Dieser Frage ging der Blindwalk am vergangenen Samstag, den 17. November 2018 vor und in dem Rathaus Giessen nach.
Die Teilnehmenden wurden vor dem Rathaus von blinden Menschen und Menschen mit Sehbeeinträchtigung in Empfang genommen und mit Augenbinden und Blindenstock ausgestattet. Die Idee besteht darin, dass sehende Menschen von nicht-sehenden Menschen geführt werden und dadurch eine Alltagssituation, beispielsweise eine Strasse überqueren, in Begleitung erleben können.
Welche Geräusche werden wahrgenommen? Wie kann man sich orientieren? Wie fühlt sich der Asphalt an?
Anschliessend begaben sich die BesucherInnen in die Ausstellung „Dialog durch Begegnung – Impressionen aus Kairouan“ im Rathaus. Hier begann die Reise nach Kairouan mit allen Sinnen. Zunächst erfüllten die typischen Düfte von Jasmin und Orangenblüten den Raum. Anschliessend wurden die fühlbaren Objekte ertastet und Datteln und Makoudh (Süsses Gebäck aus Kairouan) probiert.
Wie beschreibt man ein Bild? Was ist subjektiv?
Die letzte Einheit konzentrierte sich auf die Beschreibung der Bilder. Hierzu wurden Paare gebildet, die aus Sehenden und Nicht-sehenden bestanden oder aus Sehenden mit jeweils einer Person mit Augenbinde. Die jeweils sehende Person beschrieb die Bilder der Ausstellung für die nicht-sehende Person.
In der Abschlussrunde wurden Erfahrungen und Herausforderungen diskutiert und reflektiert. Darüber hinaus gaben die nicht-sehende Teilnehmenden Empfehlungen, für den Umgang und Situationen im Alltag und teilten ihre Erfahrungen.
„Sprechen Sie mich als blinde Person direkt an, nicht (nur) meine die Begleitperson!“
Das Projekt fand mit Blickpunkt Auge (Beratungsstelle der Bezirksgruppe Gießen/Oberhessen des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen e.V.) statt, die aus vorwiegend selbst von einer Sehbeeinträchtigung betroffenen Beraterinnen und Beratern besteht. Der Verein begleitet Menschen, deren Erkrankung im Laufe ihres Lebens zu einem Sehverlust führen kann. Eine Kooperation mit betroffenen Menschen ist für dieses sensible Thema sehr wichtig und bietet die Möglichkeit Erfahrungen auszutauschen und auch nicht-betroffenen Menschen eine Gelegenheit Fragen zu stellen und sich selbst in die Lage hineinzuversetzen.
Das Projekt wurde von der Aktion Mensch gefördert:
Die Aktion Mensch setzt sich für Inklusion ein. Menschen mit und ohne Behinderung sollen in allen Lebensbereichen ganz selbstverständlich zusammenleben.